Bei europarechtskonformer Auslegung der Regelung des § 69 c Nr. 3 S. 2 UrhG ist von einer Erschöpfung des Verbreitungsrechts an den Programmkopien auszugehen, auf welche sich auch die Beklagten berufen können. Der Senat hält insoweit an seiner im vorausgegangenen Eilverfahren vertretenen Rechtsauffassung im Hinblick auf die Auslegungsgrundsätze des EuGH im Urteil vom 3.7.2012 (GRUR 2012, 904ff – usedsoft GmbH/Oracle) nicht mehr fest.
Gemäß § 69 c Nr. 3 S. 2 UrhG erschöpft sich das Verbreitungsrecht an einem mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebrachten Vervielfältigungsstücks. Diese auf die EU Richtlinie 91/250/EWG zurückzuführende Regelung ist europarechtskonform unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze des EuGH im Urteil vom 3.7.2012 zur Richtlinie 2009/24/EG, dort insbesondere den Art. 3-5, auszulegen. Die Richtlinie 2009/24/EG ist – so der EuGH – als lex specialis zur sog. infoSoc-Richtlinie 2001/29/EG aufzufassen (EuGH ebenda Rd. 51). Aus den Regelungen der Art. 3-5 der Richtlinie 2009/24/EG leitet der EuGH ab, dass die Erschöpfung an einer Programmkopie unabhängig davon eintritt, ob sie körperlich oder unkörperlich in den Verkehr gebracht wurde (EuGH ebenda Rd. 58ff). Das Verbreitungsrecht auch an einer lediglich online übermittelten Programmkopie erschöpfe sich vielmehr, wenn der Rechtsinhaber an dieser entgeltlich ein unbefristetes Nutzungsrecht eingeräumt habe (EuGH ebenda Rd. 72). Auf diese Erschöpfungswirkung könne sich der zweite und jeder weitere Erwerber einer Nutzungslizenz berufen; er sei als rechtmäßiger Erwerber i.S.d. Art. 5 der Richtlinie 2009/24/EG anzusehen (EuGH ebenda Rd. 88). Der Schutzrechtsinhaber könne dem Eintritt der Erschöpfung auch nicht durch anderslautende vertragliche Bestimmungen widersprechen (EuGH ebenda Rd. 77). Durch den Weiterverkauf der Programmkopie dürfe es jedoch nicht zu einer unzulässigen Aufspaltung von eingeräumten Lizenzen kommen (ebenda Rd. 86).
OLG Frankfurt am Main (Teil-Urteil) vom 18. Dezember 2012 zum Az. 11 U 68/11 – Volumenlizenzen
Das Teil-Versäumnisurteil vom 13.3.2012 wird auf den Einspruch der Beklagten zu 2) und 3) aufgehoben, soweit die Berufung der Beklagten zu 2) und 3) gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 24.3.2011 hinsichtlich des Tenors zu Ziff. I.1. I.3., II., III., IV. und VI. sowie Ziff. V., bezogen auf Handlungen gemäß I.1., I.3. sowie I.5. und I.6., zurückgewiesen worden ist.
Insoweit wird das angefochtene Urteil abgeändert. Die Klage wird abgewiesen. Im Umfang des Tenors zu Ziff. I.2., I.4.-I.6. sowie V., bezogen auf Handlungen gemäß I.2. und I.4., wird das Teilversäumnisurteil aufrechterhalten; hinsichtlich des Tenors zu Ziff. I.2. und I.4. – I.6. mit der Maßgabe, dass die Berufung der Beklagten zu 2) und 3) insoweit als unzulässig verworfen wird.
Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Das Urteil sowie das angefochtene Urteil, soweit es bestätigt wurde, sind vorläufig vollstreckbar. Beiden Seiten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten, von Dritten online bezogene Software der Klägerin weiterverkaufen zu dürfen.
Die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils werden gemäß § 540 Abs. 1 ZPO in Bezug genommen und wie folgt ergänzt:
Die Klägerin ist Urheberin des hier streitgegenständlichen Softwareprogrammpakets „A… Creative Suite 4 Web Premium“. Sie ist zudem Inhaberin der Markenrechte an den im Antrag zu I.2. aufgeführten Bezeichnungen. Die Beklagte zu 1) ist die deutsche Tochter der u… AG i.L., Schweiz. Sie handelt mit sog. gebrauchter Software. Die Beklagten zu 2) und 3) sind die Geschäftsführer der Beklagten zu 1).
A… Ireland Ltd., ein Konzernunternehmen der Klägerin, schloss im Jahr 2006 mit der Evangelischen Stiftung V… (i.F.: ESV) einen sog. Mitgliedsvertrag zum Vertragslizenzprogramm für Bildungseinrichtungen (i.F.: Mitgliedsvertrag, Anlage K 35). Der Vertrag wurde im Jahr 2008 verlängert (Anlage K 36). Er berechtigte ESV infolge eines Punktesystems zum rabattierten Bezug von Softwarelizenzen. Auch sog. verbundene Unternehmen des ESV durften gemäß Ziff. 2.3 des Mitgliedsvertrags Lizenzen zu diesen Konditionen erwerben. Zu diesen verbundenen Unternehmen zählte u.a. die Rechenzentrum V… GmbH (i.F.: RZV), eine 100%-tige Tochter der ESV (Ziff. 5 Anlage A des Mitgliedsvertrags, K 35). Zuständig für die Softwarebestellungen war dort Herr S… . Die Bestellung und Lieferung der Software erfolgte gemäß Ziff. 2.6. des Mitgliedsvertrags über ein sog. A… Licencing Center (LF.: ALC). Als ALC benannte ESV die C… Deutschland GmbH (LF.: C…; vgl. Anlage A Ziff. 2 des Mitgliedsvertrags). Diese lieferte zu Beginn der Vertragsbeziehung haptische Datenträger. Noch vor den hier streitigen Vorgängen wurde der Bezug dahingehend abgeändert, dass ESV bzw. RZV die bestellte Software über ein Online-Portal nach Mitteilung entsprechender Seriennummern durch C… herunterladen und installieren konnte.
Herr S… bestellte im Jahr 2009 – nach Anfrage der u… AG – u.a. die hier streitgegenständlichen 40 Lizenzen des Programms „A… CS 4 Web Premium dt.“ bei C… (Anlage B 21, dort Anlage 3). C… bestätigte die Bestellung und teilte die Seriennummer für die Installation der vom A…-Online-Portal herunterzuladenen Software mit. Herr S… lud diese Software auf einen Arbeitsspeicher im RZV und brannte anschließend jedenfalls 11 sog. Media Kits Datenträger mit dieser Software. Diese ermöglichten es Dritten, die Software auf ihren Rechnern zu installieren.
RZV übermittelte nachfolgend u.a. 40 Lizenzen sowie 11 Media Kit Datenträger für die hier streitige Software an die u… AG (Anlage B 16), die sie wiederum an die Beklagte zu 1) lieferte. Diese veräußerte hiervon zwei Lizenzen nebst einem Media Kit Datenträger an das Hauptamt der Wissenschaftsstadt Darmstadt zum Gesamtpreis von EUR 2.781,03 (Anlage K 8, 16). Die Beklagte zu 1) übergab dabei zudem eine selbst erstellte sog. Lizenzurkunde sowie eine sog. notarielle Bestätigung; hinsichtlich des genauen Wortlauts dieser Schriftstücke wird auf die Anlagen K 9 und K 10 Bezug genommen.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagten handelten unberechtigt mit sog. Raubkopien. Sie erwirkte gegen die Beklagten eine einstweilige Verfügung vor dem Landgericht Frankfurt am Main, welche der Senat mit Urteil vom 22.6.2010 (Az: 11 U 13/10) bestätigte.
Das Landgericht hat der Klage ganz überwiegend stattgegeben und zur Begründung Folgendes ausgeführt:
Die Klägerin sei als Urheberin der Programme für die streitigen Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche aktivlegitimiert. Soweit sie auch Schadensersatz begehre, komme es auf die Frage der Einräumung von Nutzungsrechten an A… Ireland Ud. für die Annahme der Aktivlegitimation nicht an, da es jedenfalls naheliegend sei, dass die Klägerin auch in diesem Fall wirtschaftlich an den. Erlösen der Konzerngesellschaft beteiligt sei und damit ein fortbestehendes materielles Eigeninteresse vorliege.
Der urheberrechtliche Unterlassungsantrag zu 1.1. sei begründet, da die Beklagte zu 1) gegen das der Klägerin zustehende Verbreitungsrecht von Vervielfältigungsstücken verstoßen habe, § 69 c Nr. 3 S. 1 UrhG. An den DVDs sei keine Erschöpfung eingetreten, da sie nicht mit Zustimmung der Klägerin in den Verkehr gebracht worden seien. Vielmehr seien sie entgegen den Bestimmungen des Mitgliedsvertrags unberechtigt hergestellt worden. Das Brennen der Datenträger durch RZV sei nicht mehr dem Erwerbsvorgang zuzuordnen, sondern stelle eine eigenständige Vervielfältigungshandlung dar. RZV sei jedoch vertraglich nicht zu Vervielfältigungshandlungen allein zum Zwecke des Weiterverkaufs berechtigt gewesen. Die Vervielfältigungsbeschränkungen innerhalb des Mitgliedsvertrags hielten auch einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB stand. Der markenrechtliche Unterlassungsanspruch (Antrag zu I.2.) sei gemäß § 14 Abs. 2 und 5 MarkenG begründet.
Die Klägerin könne zudem gemäß § 97 Abs. 1 S. 1 UrhG verlangen, dass die Beklagte zu 1) es unterlässt, die im Rahmen von Antrag zu I.3. abgebildeten lizenzurkunden im Zusammenhang mit den Programmpaketen anzubieten. Aus objektiver Sicht würde durch diese Lizenzurkunden eine Lizenz eingeräumt. Hierzu sei die Beklagte zu 1) jedoch nicht in der Lage, da sie selbst infolge Verstoßes von RZV gegen die Bedingungen des Mitgliedsvertrag sowie der EULA keine eigenen Lizenzen an den Programmen erworben habe. Werde durch die sog. Lizenzurkunden zu Unrecht der Eindruck einer echten A…-Lizenz erweckt, dürften auch die Marken auf diesen Urkunden nicht verwendet werden (Antrag zu I.4.). Schließlich stünde der Klägerin ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Inverkehrbringens der sog. notariellen Bestätigungen gemäß Antrag zu I.5. gemäß §§ 8, 3, 5 UWG zu. Das Testat enthalte zur Täuschung geeignete Angaben über die Rechtsinhaberschaft der Beklagten zu 1), da der Notar auf Basis der ihm vorgelegten Unterlagen nicht habe prüfen können, ob die „ursprüngliche Lizenznehmerin“ tatsächlich über eine disponierbare Lizenz verfügte. Aus diesen Gründen könne auch gemäß Antrag zu I.6. begehrt werden, dass die Beklagte zu 1) diese notariellen Bestätigungen nicht zu Werbezwecken verwendet.
Gemäß § 101 UrhG, § 19 MarkenG könne die Klägerin Auskunft sowie eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit dieser Auskunft verlangen (Antrag zu II. und III.). Der mit Antrag zu IV. begehrte Schadensersatzanspruch sei in Höhe von EUR 235.408,00 gemäß §§ 97 Abs. 2, 69 c UrhG begründet. Die Beklagten handelten schuldhaft, jedenfalls fahrlässig, da sie sich angesichts des sehr günstigen Preises über die Rechteinhaberschaft hätten informieren müssen. Der Höhe nach hätten die Beklagten die Distributorenpreise nicht substanziiert bestritten. Schließlich könne die Klägerin die Feststellung der Schadensersatzpflicht (Antrag zu V.) sowie die Veröffentlichung des Urteils im tenorierten Umfang verlangen.
Die Beklagten zu 2) und 3) hafteten als Geschäftsführer kraft ihrer Organstellung für diese Vorgänge.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie vertiefen ihre Bedenken gegen die Aktivlegitimation der Klägerin im Hinblick auf ihre Auslegung der EULA, denen sie die Einräumung von ausschließlichen Nutzungsrechten an das Unternehmen Ireland Ldt. entnehmen. Die Klage sei zudem abzuweisen, da die Lizenzen von C… mit Zustimmung der Klägerin in den Verkehr gebracht und die DVDs als Bestandteil der Lieferverpflichtung berechtigt von RZV für C… hergestellt worden seien. Damit sei das Recht an der weiteren. Verbreitung dieser Lizenzen und DVDs erschöpft gemäß § 69 c Nr. 3 S. 2 UrhG. Die Beschränkung der Weitergabemöglichkeiten innerhalb des Mitgliedsvertrags auf sog. verbundene Unternehmen sei unwirksam, da sie zu unbestimmt sei. Jedenfalls entfalte sie keine dingliche Wirkung. Der Antrag zu I.3. sei abzuweisen, da die Lizenzurkunden allein eine übertragungsdokumentierende Bedeutung hätten. Ein Anspruch auf Schadensersatz sei auf den tatsächlich nachgewiesenen Schaden zu begrenzen. Die Beklagten zu 2) und 3) hafteten nicht allein aufgrund ihrer Stellung als Geschäftsführer der Beklagten zu 1).
Gemäß Beschluss des Amtsgerichts München vom 27.12.2011 (Az: 1501 IN 341/11) ist über das Vermögen der Beklagten zu 1) das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der Insolvenzverwalter hat den Rechtsstreit bislang für die Beklagte zu 1) nicht aufgenommen (Bl. 534 d.A.).
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.3.2012 ist ein Teilversäumnisurteil gegen die Beklagten zu 2) und 3) ergangen (Bl. 571 d.A.), welches dem Beklagten zu 2) am 16.4.2012 und dem Beklagten zu 3) am 17.4.2012 zugestellt wurde. Hiergegen haben der Beklagte zu 2) mit am 30.4.2012 und der Beklagte zu 3) mit am 2.5.2012 eingegangenem Schriftsatz Einspruch eingelegt. Unter Bezugnahme auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des EuGH vom 3.7.2012 (Az: C-128/11 – usedsoft ./. oracle, GRUR 2012, 904ff) vertiefen sie ihre Ansicht, dass – unabhängig von der Art der Übermittlung der Software im Rahmen des Ersterwerbs – das Verbreitungsrecht an den hier streitigen Softwarelizenzen erschöpft sei. Für die Anträge zu I.5. und I.6. bestünde keine Haftungsgrundlage gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) (Bl. 594 d.A.).
Sie beantragen nunmehr,
das Tellversäumnisurteil des Senats vom 13.3.2012 aufzuheben, das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 27.4.2011 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
das Teilversäumnisurteil des Senats vom 13.3.2012 aufrechtzuerhalten und die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags das angefochtene Urteil. Sie ist der Ansicht, dass sich ihre Aktivlegitimation bereits aus den auf den streitigen Programmen vorhandenen Copyrightvermerken ergebe. Der Unterlassungsanspruch gemäß I.1. beruhe darauf, dass bereits die Herstellung der Datenträger entgegen den Bestimmungen des Mitgliedsvertrags und damit ohne ihre Zustimmung erfolgt sei. Gegen die Annahme ihrer Zustimmung für die Herstellung der Datenträger spreche zudem der erhebliche Preisunterschied zwischen dem Bezugs- und dem Marktpreis der streitgegenständlichen Datenträger. Für Erschöpfung sei kein Raum, da RZV von C… keine haptischen Datenträger oder Masterkopien übergeben worden und die vorliegenden gebrannten Datenträger ohne ihre Zustimmung hergestellt worden seien. Schließlich genügten die von den Beklagten dargestellten Übertragungsvorgänge auch nicht den strengen Anforderungen des Bestimmtheitsgebots. Da die u… AG die Lizenzen zudem nicht bezahlt habe, habe sie auch keine übertragbaren Lizenzen an die Beklagte zu 1) weiterveräußern können.
Die Beklagten zu 2) und 3) hafteten in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der Beklagten zu 1). Sie hätten den Bezug der streitigen Lizenzen zum Mitgliedsvertrag sowie dessen Inhalt gekannt; auch die erheblich über den hier gezahlten Preisen liegenden marktüblichen Bezugskonditionen seien ihnen bewusst gewesen.
Die Erwägungen des EuGH im Urteil vom 3.7.2012 seien auf den vorliegenden Sachverhalt nicht übertragbar. Es seien nicht berechtigt, sondern infolge Verstoßes gegen die Bestimmungen des Mitgliedsvertrags unberechtigt hergestellte Vervielfältigungsstücke zu beurteilen. Diese unterlägen nicht der Erschöpfung. Zudem liege keine Zustimmung ihrerseits vor, da die Bestellung unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erfolgt sei. Sie habe auch keine angemessene Vergütung für die erstmalige Lizenzeinräumung erhalten, da die im Mitgliedsvertrag vereinbarten Entgelte einen Rabatt von 80% enthielten, der Wiederverkäufern – wie RZV vorliegend – nicht eingeräumt werde. Es liege zudem eine unzulässige Aufspaltung einer Volumenlizenz vor. Die zwei an die Stadt Darmstadt veräußerten Lizenzen seien Teil einer Bestellung von 40 Lizenzen seitens RZV gewesen sei, für welche lediglich eine Seriennummer zur Verfügung gestellt worden sei. Schließlich habe die Stadt Darmstadt lediglich einen Datenträger für zwei Lizenzen von der Beklagten zu 1) erhalten; auch dies stünde dem Eintritt der Erschöpfung gemäß den Ausführungen des EuGH entgegen.
II.
Da das Verfahren gegenüber der Beklagten zu 1) derzeit gemäß § 240 ZPO unterbrochen ist, ist durch Teilurteil gemäß § 301 lPO gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) zu entscheiden.
Auf den zulässigen, insbesondere fristgerecht eingelegten und begründeten Einspruch der Beklagten zu 2) und 3) hin ist das Versäumnisurteil des Senats vom 13.3.2012 teilweise aufzuheben (§§ 525,343 S. 2 ZPO).
A.
Die Berufung der Beklagten zu 2) und 3) (nachfolgend: Beklagte) ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, soweit sie sich gegen die Verurteilungen gemäß Ziff. I.1., I.3., II., III., IV., V. und VI. und V. des Tenors des angefochtenen Urteils wenden. Insoweit hat die Berufung mit Ausnahme der auf Zif( V. in Verbindung mit Handlungen nach I.2. und I.4 gestützten Ansprüche auch Erfolg (nachfolgend unter B.).
Im Übrigen ist ihre Berufung unzulässig. Der AntragsteIlung nach werden zwar alle Anträge des angegriffenen Urteils zur Überprüfung durch das Berufungsgerichts gesteilt. Hinsichtlich der auf Markenrecht gestützten Unterlassungsansprüche gemäß den Anträgen zu I.2. und I.4. liegt jedoch keine Berufungsbegründung i.S.d. § 520 Abs. 3 ZPO vor, so dass die Berufung insoweit gemäß § 522 Abs. 1 ZPO zu verwerfen ist. Gleiches gilt hinsichtlich der auf UWG gestützten Anträge zu I.5. und I.6.. Bei einer Mehrheit mit der Berufung verfolgter oder angegriffener Anträge ist eine Begründung für jeden nötig; alle eigenständigen Anspruchsgrundlagen sind gesondert anzugreifen (Zölier/Heßler, 29. Aufl., ZPO, § 520 Rd. 27, 37 m. w. N.). Die Berufungsbegründung enthält hier jedoch weder eine Auseinandersetzung mit diesen eigenständigen, vom Landgericht ausführlich geprüften Anspruchsgrundlagen des Markenrechts sowie des UWG noch mit der Frage, inwieweit das diesbezügliche Verhalten der Beklagten zu 1) den Beklagten zuzurechnen ist. Insbesondere liegt keine Auseinandersetzung mit der vom Landgericht über die Organstellung begründeten Störerhaftung vor. Soweit die Beklagten bestreiten, schuldhaft gehandelt zu haben, berührt dies den Bestand der verschuldensunabhängigen Unterlassungsansprüche nicht. Vielmehr untermauern die Ausführungen der Beklagten insoweit die für die Störerhaftung erforderliche Kenntnis von den streitigen Vorgängen. Die Beklagten verweisen allein darauf, angenommen zu haben, dass ihr Verhalten – weiches Grundlage des Geschäftsmodells der Beklagten zu 1) war – legal gewesen sei. Damit bekunden sie gerade, dass die streitigen Vorgänge ihnen bekannt gewesen sind.
Soweit die Beklagten im Rahmen der Einspruchsschrift teilweise auch hinsichtlich des mit der Berufungsbegründung nicht angegriffenen Teils nähere Auseinandersetz:ungen nachgeholt hat, bleiben diese unberücksichtigt. Der zulässige Einspruch bewirkt gemäß § 342 ZPO allein eine Zurückversetzung des Prozesses in den Zeitraum vor Eintritt der Säumnis. Zu diesem Zeitpunkt war die Berufungsbegründungsfrist gemäß § 520 Abs. 3 ZPO abgelaufen.
B.
Soweit die Berufung zulässig ist, ist sie in der Sache – mit Ausnahme des Antrags zu V. in Verbindung mit Handlungen gemäß I.2. und I.4. – auch begründet.
I.
Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 97, 69 c Nr. 3 UrhG gegen die Beklagten gemäß Antrag zu I.1. wegen des Verbreitens der streitgegenständlichen Softwareprogramme zu.
1.
Die Verbreitungshandlungen der Beklagten erfolgen zwar ohne Zustimmung der Klägerin gemäß § 69 c Nr. 3 S. 1 UrhG.
2.
Bei europarechtskonformer Auslegung der Regelung des § 69 c Nr. 3 S. 2 UrhG ist jedoch vorliegend von einer Erschöpfung des Verbreitungsrechts an den hier streitigen Programmkopien auszugehen, auf welche sich auch die Beklagten berufen können. Der Senat hält insoweit an seiner im vorausgegangenen Eilverfahren vertretenen Rechtsauffassung im Hinblick auf die Auslegungsgrundsätze des EuGH im Urteil vom 3.7.2012 (GRUR 2012, 904ff – usedsoft GmbH/Oracle) nicht mehr fest.
Gemäß § 69 c Nr. 3 S. 2 UrhG erschöpft sich das Verbreitungsrecht an einem mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Gebiet der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebrachten Vervielfältigungsstücks. Diese auf die EU Richtlinie 91/250/EWG zurückzuführende Regelung ist europarechtskonform unter Berücksichtigung der Auslegungsgrundsätze des EuGH im Urteil vom 3.7.2012 zur Richtlinie 2009/24/EG, dort insbesondere den Art. 3-5, auszulegen. Die Richtlinie 2009/24/EG ist – so der EuGH – als lex specialis zur sog. infoSoc-Richtlinie 2001/29/EG aufzufassen (EuGH ebenda Rd. 51). Aus den Regelungen der Art. 3-5 der Richtlinie 2009/24/EG leitet der EuGH ab, dass die Erschöpfung an einer Programmkopie unabhängig davon eintritt, ob sie körperlich oder unkörperlich in den Verkehr gebracht wurde (EuGH ebenda Rd. 58ff). Das Verbreitungsrecht auch an einer lediglich online übermittelten Programmkopie erschöpfe sich vielmehr, wenn der Rechtsinhaber an
dieser entgeltlich ein unbefristetes Nutzungsrecht eingeräumt habe (EuGH ebenda Rd. 72). Auf diese Erschöpfungswirkung könne sich der zweite und jeder weitere Erwerber einer Nutzungslizenz berufen; er sei als rechtmäßiger Erwerber i.S.d. Art. 5 der Richtlinie 2009/24/EG anzusehen (EuGH ebenda Rd. 88). Der Schutzrechtsinhaber könne dem Eintritt der Erschöpfung auch nicht durch anderslautende vertragliche Bestimmungen widersprechen (EuGH ebenda Rd. 77). Durch den Weiterverkauf der Programmkopie dürfe es jedoch nicht zu einer unzulässigen Aufspaltung von eingeräumten Lizenzen kommen (ebenda Rd. 86).
Ausgehend von diesen Auslegungsgrundsätzen des EuGH ist vorliegend von erschöpften Vervielfältigungsstücken des Softwareprogramms i.S.d. § 69 c Nr. 3 S. 2 UrhG auszugehen, welche die Beklagte zu 1) an die Stadt Darmstadt geliefert hat:
a.
Die Überlassung der Nutzungsrechte an den streitigen Programmkopien erfolgte hier mit Zustimmung der Klägerin im Rahmen eines den Anforderungen eines .Erstverkaufs einer Programmkopie“ i.S.d. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG genügenden Übertragungsvorgangs. Diese Regelung legt § 69 c Nr. 3 S.2 UrhG zugrunde, wonach Erschöpfung an einem Vervielfältigungsstück eintritt, welches mit Zustimmung des Rechtsinhabers im Wege der Veräußerung in den Verkehr gebracht wurde und ist damit für das Verständnis dieser Norm maßgeblich.
aa.
Ein Erstverkauf i.S.d. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG – entsprechend der Veräußerung i.S.d. § 69 Nr. 3 S. 2 UrhG – liegt den Auslegungsgrundsätzen des EuGH nach vor, wenn gegen Zahlung eines Entgelts, welches es dem Inhaber des Urheberrechts ermöglichen soll, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie des ihm gehörenden Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen, ein unbefristetes Nutzungsrecht an einer Programmkopie ein(ge)räumt wird (EuGH ebenda Rd. 49).
Die hier streitigen 40 Lizenze~ des Programms „A… Creative Suite Web Premium“ wurden erstmals von C…, dem ACL gemäß Ziff. 2.2.1it. b des Mitgliedsvertrags, an RZV übertragen. Die Bestellung und Lieferung der Programme erfolgte in Bezug auf den Mitgliedsvertrag, der auch RZV als verbundene Einrichtung zur Bestellung von Lizenzen berechtigte. Die Höhe des Entgelts richtete sich nach den Bedingungen des Mitgliedsvertrags.
(1)
Dem RZV wurde im Rahmen des Erstverkaufs ein unbefristetes Nutzungsrecht eingeräumt, d.h. das Softwareprogramm war den vertraglichen Bestimmungen gemäß dauerhaft für ihn nutzbar. Gemäß den in den Mitgliedsvertrag einbezogenen EULA erwirbt der Kunde, hier RZV, eine nicht exklusive Lizenz zur Installation und Verwendung der Software ohne zeitliche Beschränkungen (Ziff. 2 der EULA, Anlage B 6). Soweit die Klägerin auf die in der Anlage B zum Volumenlizenzvertrag enthaltene Klausel Ziff. 3 verweist, wonach nur „während der Vertragslaufzeit“ ein im Einzelnen aufgeführtes Recht zur Vervielfältigung besteht, folgt daraus keine zeitliche Beschränkung der Nutzungsberechtigung der Programmkopie, sondern allenfalls eine Einschränkung des Vervielfältigungsrechts.
(2)
Der Erstverkauf bot auch die Möglichkeit der Klägerin, eine dem wirtschaftlichen Wert der Kopie des ihr gehörenden Werkes entsprechende Vergütung zu erzielen (EuGH ebenda Rd. 49). Dem in § 11 S. 2 UrhG normierten Beteiligungsgrundsatz entsprechend soll der Rechtsinhaber im Rahmen des Erstverkaufs die Möglichkeit haben, sein Werk wertentsprechend – ggf. unter Berücksichtigung eines Wiederverkaufswertes für den Käufer – erstmals dem Markt zur Verfügung zu stellen. Ein vom Schutzrechtsinhaber festgesetzter oder ausgehandelter Preis ist dabei grundsätzlich als aus seiner Sicht angemessener Verwertungserlös anzusehen. Andernfalls hätte der Rechtsinhaber sein Schutzrecht nicht zu diesen Konditionen dem Markt zur Verfügung gestellt.
Sofern – wie vorliegend – besondere Vertragskonditionen und Rabatte eingeräumt werden, kann demnach offenbleiben, ob diese zu einem Verwertungserlös führen, der unterhalb der Gewinnzone liegt. Es ist nicht Sache der Gerichte, die Wirtschaftlichkeit der Preispolitik der Klägerin oder die Angemessenheit des Verhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung zu überprüfen. Maßgeblich ist allein, ob es der Klägerin möglich war, ein wertentsprechendes Entgelt ·zu verlangen. Selbst wenn die Klägerin – aus einer nicht zu überprüfenden Motivation heraus – in Einzelfällen nicht gewinnerzielende Entgelte aushandelt, sind diese als aus ihrer Sicht unter Berücksichtigung der Gesamtumstände der jeweiligen Vertragskonstellation angemessene Entgelte anzusehen.
Insoweit kommt es auf die als wahr zu unterstellende Existenz gesonderter Preissysteme insbesondere für Wiederverkäufer einerseits und sog. Edu-Kunden (wie hier) andererseits nicht an. Dabei verkennt der Senat nicht, dass RZV vorliegend in einer von der Klägerin offensichtlich nicht gewünschten Weise Lizenzen zu vergünstigten Konditionen erworben und sie nachfolgend an Dritte veräußert hat, die von ihren Kunden Marktpreise verlangen. Sollte eine Täuschung durch RZV über die Berechtigung, vergünstigte Konditionen in Anspruch nehmen zu dürfen, zugrunde liegen, wäre die Klägerin insoweit auf den Weg der Anfechtung zu verweisen. Dies steht jedoch nicht der Feststellung entgegen, dass die im Mitgliedsvertrag festgesetzten Preise als aus Sicht der Klägerin – unter Berücksichtigung der gesamten Vertragskonstellation – angemessen im Sinne der Auslegungsgrundsätze des EuGH anzusehen sind.
Der in der Literatur erhobene Einwand, da der Urheber bislang nicht mit dem zulässigen Weiterverkauf gebrauchter Software rechnen musste, habe er diesen Umstand auch nicht bei der Preisfestsetzung – erhöhend – einkalkulieren können (Moritz, Eingeschränkte Zulässigkeit der Weiterveräußerung gebrauchter Software, K&R 2012, 456, 459), ist vorliegend nicht überzeugend, da die Übertragung der Nutzungsrechte bei Vertragsschluss im Wege der Übergabe materieller Datenträger erfolgte. Diese unterlagen unmittelbar § 69 c Nr. 3 S. 2 UrhG, so dass die Möglichkeit der Weiterveräußerung bei den Preisüberlegungen einbezogen werden konnte.
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin zudem darauf, dass die u… AG den Kaufpreis an RZV nicht gezahlt habe. Ob der Umstand der Erfüllung überhaupt im Rahmen der Möglichkeit, ein angemessenes Entgelt zu realisieren, Bedeutung erlangt, oder nicht allein das Bestehen einer vollstreckbaren Forderung ausreicht, kann dabei offenbleiben. Jedenfalls hat unstreitig RZV selbst die aus dem Erstverkauf resultierende Kaufpreisforderung beglichen.
bb.
Der Erstverkauf bezog sich vorliegend auch auf eine „Programmkopie“ gemäß Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2009/24/EG, welcher dem Verständnis des in § 69 c Nr. 3 UrhG verwendeten Begriffs des Vervielfältigungsstückes eines Computerprogramms im Hinblick auf das Gebot der europarechtskonforrnen Auslegung zugrunde zu legen ist.
Der EuGH hat im Rahmen seines Urteils deutlich ausgeführt, dass sowohl haptische Datenträger als auch aus dem Internet heruntergeladene Programmkopien dem Begriff der Programmkopie unterfallen (EuGH ebenda Rd. 47, 59). Die Online-Übertragung entspricht – so der EuGH – funktionell der Aushändigung eines materiellen Datenträgers (EuGH ebenda Rd. 61). Soweit das Herunterladen zu einer Vervielfältigung auf dem Computer des Ersterwerbers führt, wird diese als zulässig, da für die Nutzung erforderlich angesehen (EuGH ebenda Rd. 75). Insoweit handelt es sich be·i den auf den Arbeitsspeicher der RZV heruntergeladenen Softwareprogrammen um Programmkopien, die grundsätzlich der Erschöpfung unterliegen.
cc.
Der Erstverkauf dieser Programmkopien an RZV erfolgte auch mit Zustimmung der Klägerin. C… übermittelte RZV als offizieller Distributor der Klägerin mit Wissen und Wollen die Voraussetzungen für das Herunterladen der Programmkopien vom A…-Online-Portal.
Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, es liege keine Zustimmung vor, da der Mitarbeiter der RZV bei der Bestellung in betrügerischer Weise über den beabsichtigten, außerhalb des Mitgliedsvertrags liegenden Verwendungszweck getäuscht habe. Selbst wenn man unterstellt, dass der Mitgliedsvertrag in hinreichend deutlicher Weise den seitens des RZV tatsächlich geplanten unmittelbaren Weiterverkauf der zu vergünstigten Konditionen bezogenen Software an Dritte ausschließt, berührt dies den Umstand, dass die Klägerin – mangels Kenntnis dieser Umstände – dem Erstbezug aufgrund der Annahme der Bestellung über den ACL zugestimmt hat, nicht. Sollte die Motivation für die Zustimmung auf einer – arglistigen – Täuschung durch den RZV beruhen, hätte sie ihre Willenserklärung anfechten können. Anfechtungserklärungen sind jedoch nicht erfolgt und wären nunmehr jedenfalls verfristet gemäß § 124 BGB.
dd.
Ist RZV damit als berechtigter Erwerber i.S.d. § 69 d S. 1 UrhG anzusehen, durfte sie nach den nunmehr deutlichen Auslegungsgrundsätzen des EuGH eine Vervielfältigungshandlung i.S.d. § 69 c Nr. 1 UrhG vornehmen, d.h. einen Datenträger brennen oder die Software erneut durch ihre Kunden herunterladen laden lassen, sofern dies für den Weiterverkauf erforderlich war und die eigene Programmkopie nachfolgend gelöscht wurde (EuGH ebenda Rd. 76, 78, 81). Die für den Weiterverkauf selbst erstellte Programmkopie tritt faktisch an die Stelle der im Rahmen des Erstverkaufs in den Verkehr gebrachten Kopie (EuGH ebenda Rd. 81; Senftleben, Die Fortschreibung des urheberrechtlichen Erschöpfungsgrundsatzes im digitalen Umfeld, NJW 2012, 2924, 225f; vgl. auch Schneider/Spindler, Der Kampf um die gebrauchte Software – Revolution im Urheberrecht, CR 2012, 489, 493). Folglich unterliegen hier die von RZV gebrannten Media Kit Datenträger der Erschöpfung, auch wenn sie formal auf einer Vervielfältigungshandlung der RZV – an dem erworbenen Vervielfältigungsstück – beruhen, da sie an dessen Stelle getreten sind.
Die Beklagten haben auch substanziiert dargelegt und nachgewiesen, dass RZV die dem Weiterverkauf zugrunde liegende Programmkopie gelöscht bzw. unbrauchbar gemacht hat (EuGH eben da Rd. 70). Sie haben vorgetragen, dass RZV von den jeweils verkauften Lizenzen keine Programmkopien zurückbehalten hat und dies durch Vorlage der Vernichtungserklärung der RZV belegt (Bl. 702 d.A., Anlage B 19). Die Klägerin ist diesem Vorbringen nicht substanziiert entgegengetreten.
Soweit gemäß § 69 d S. 1 UrhG eine Vervielfältigungshandlung nur vorgenommen werden darf, wenn nicht anderslautende vertragliche Bestimmungen bestehen, kann offenbleiben, ob und in welchem Umfang vorliegend dem Mitgliedsvertrag entgegenstehende und in sich stringente Vervielfältigungsbeschränkungen entnommen werden können. Jedenfalls kollidiert die Möglichkeit anderslautender vertraglicher Bestimmungen mit der vom EuGH betonten, auf die Warenverkehrsfreiheit zurückzuführende Wiederverkaufsfähigkeit mit Zustimmung erworbener Programmkopien. Der EuGH leitet insoweit aus der Richtlinie 24/2009/EG, dort Art. 5, ab, dass der berechtigte Erwerber in seinen Möglichkeiten zum Weiterverkauf nicht vertraglich beschränkt werden darf. Ausdrücklich formuliert er, dass der Erstverkäufer dem Weiterverkauf der Kopie nicht mehr durch anderslautende vertragliche Bestimmungen widersprechen kann (ebenda Rd. 77, Rd. 84). Würde der Erstverkäufer die Herstellung von Vervielfältigungsstücken – durch Datenträger oder erneutes Herunterladen der Software – für den Weiterverkauf vertraglich ausschließen können, könnte die im Rahmen des Erstverkaufs erworbene Software nur zusammen mit der Hardware weiterverkauft werden. Folglich ist § 69 d UrhG europarechtskonform unter Berücksichtigung der Ausführungen des EuGH dahingehend auszulegen, dass vertragliche Regelungen, die die Herstellung von Vervielfältigungsstücken zum Zweck der Weiterveräußerung einschränken, keinen Bestand haben (vgl Senftleben ebenda S. 2926; Hartmann, Weiterverkauf und „Verleih“ online vertriebener Inhalte, GRUR-Int 2012, 980, 981).
ee.
Die Beklagten konnten auch darlegen und belegen, dass die von ihnen im Verkehr angebotenen Lizenzen und Media Kit Datenträger auf den geschilderten Erstverkauf der Klägerin zurückzuführen sind, d.h. erschöpfte Programmkopien betrafen. Sie haben im Einzelnen ausgeführt, dass die Erwerbskette hinsichtlich der streitigen Softwareprogramme von C… an RZV, von dort zur u… AG und von dieser zur Beklagten zu 1) erfolgte, welche schließlich zwei Lizenzen und einen Datenträger an die Stadt Darmstadt verkaufte. Diese Erwerbskette haben sie durch Vorlage von Bestellungen, Auftragsbestätigungen und Lieferscheinen der jeweils aufgeführten beteiligten Personen belegt (Anlagen B 7 bis B 19).
Soweit die Klägerin auf den Bestimmtheitsgrundsatz verweist, kann nicht erkannt werden, dass die Beklagten nähere Angaben zur Nämlichkeit der Programmkopien hätten machen können. Ausgehend von den Angaben der Erstverkäuferin C… im Rahmen der Auftragsbestätigung wurde die Software mit einer eigenen Artikelnummer von C… und der Umschreibung des Programms „CLP EDU 3 Abobe Creative Suite 4.0., Web. Premium, Lizenz, Deutsch“ sowie weiterer technischer Angaben konkretisiert (Anlage B 21, dort Anlage 4). Sowohl die offensichtlich allein auf buchhalterische Ordnungskategorien zurückzuführende Artikelnummer als auch die Programmbezeichnung lassen keine exakte Zuordnung zu der konkreten Softwarelieferung, sondern allein zur Programmgattung zu. Insoweit konnten auch die Beklagten keine näheren, kennzeichnenden Angaben zur Identität der Software machen. Vor diesem Hintergrund genügen die Angaben der Beklagten zur Programmbezeichnung, dem zeitlichen Ablauf und der jeweils korrelierenden Menge, um den Nachweis zu führen, dass die hier streitige Ware erstmals mit Zustimmung der Klägerin in den Verkehr gebracht wurde.
ff.
Dem Grundsatz der Erschöpfung steht auch nicht der Einwand der Klägerin entgegen, dass die Kundin der Beklagten zu 1), das Hauptamt der Wissenschaftsstadt Darmstadt, zwei Lizenzen, aber nur einen haptischen Datenträger erworben habe, so dass jedenfalls hinsichtlich der einen Lizenz keine Erschöpfung eingetreten sei. Kommt es beim Ersterwerb gemäß den deutlichen Auslegungsgrundsätzen des EuGH nicht darauf an, in welcher Form das Programm in den Verkehr gebracht wird, gilt dies gleichermaßen für den Weiterverkauf. Der EuGH setzt ausdrücklich den Weiterverkauf einer körperlichen oder unkörperlichen Programmkopie gleich (EuGH ebenda Rd. 70). Maßgeblich ist damit allein, dass zwei Lizenzen für die Programmkopien verkauft wurden. Es hätte demnach auch eine beliebig höhere Anzahl an Lizenzen verknüpft mit lediglich einem Media Kit Datenträger weiterverkauft werden können.
b.
Der Weiterverkauf der streitigen Programmkopien führte hier auch nicht zu einer unzulässigen Aufspaltung einer einheitlichen Lizenz i.S. einer Volumen-, Mehrfach- oder Paketlizenz. Der EuGH schränkt die Wiederverkaufsfähigkeit einer Programmkopie insoweit ein, als der Erwerber nicht dazu berechtigt ist, eine „Lizenz, falls sie ( … ) für eine seinen Bedarf übersteigende Zahl von Nutzern gilt, aufzuspalten und das Recht zur Nutzung des betreffenden Computerprogramms nur für eine von ihm bestimmte Nutzerzahl weiterzuverkaufen“ (EuGH ebenda Rd. 69). Ausgehend von dem Grundsatz, dass keine Rechtsgrundlage für eine Erschöpfung des Vervielfältigungsrechts besteht, darf der Weiterverkauf einer Programmkopie nicht dazu führen, dass die Anzahl der mit Willen des Rechtsinhabers in den Verkehr gebrachten Programmkopien verändert wird. Dieser Grundsatz wird vorliegend indes durch den Weiterverkauf nicht berührt:
Die Klägerin hatte unstreitig über C… 40 Lizenzen der streitigen Software an RZV verkauft. Diese 40 Lizenzen beinhalteten auch nach dem Vortrag der Klägerin grundsätzlich 40 Nutzungsrechte. Soweit sie nunmehr ausführt, dass die 40 Lizenzen über eine einheitliche Seriennummer zur Verfügung gestellt worden seien, so dass eine „einheitliche Lizenz mit 40 Nutzungsrechten“ (Bl. 763 d.A.) vorliege, führt dies nicht zur Annahme, dass hier eine unzulässige Aufspaltung erfolgte. Die Klägerin stellt vielmehr unstreitig, dass 40 eigenständige Nutzungsrechte übertragen wurden. Ob der Softwarebezug und die nachfolgende Installation für diese Nutzungsrechte über eine oder aber mehrere Seriennummer erfolgte, wirkt sich auf die Zahl der gegenständlichen Lizenzen nicht aus. Die Klägervertreter haben selbst die Seriennummer als notwendigen „Schlüssel zur Installation“ umschrieben. Unstreitig konnte jedoch an 40 eigenständigen Arbeitsplätzen die Software installiert werden. Der Weiterverkauf dieser Lizenzen beinhaltete damit keine Veränderung der mit Zustimmung der Klägerin in den Verkehr gebrachten Anzahl an Lizenzen. Da RZV unstreitig zu keinem Zeitpunkt eine eigene Verwendungsabsicht hatte, sondern vorgetragen wurde, dass keine entsprechende Kopie der streitigen Programme bei ihm verblieb, ist mit dem Weiterverkauf kein Eingriff in das Vervielfältigungsrecht der Klägerin verbunden gewesen. Insoweit liegt eine gegenüber dem EuGH abweichende Sachverhaltskonstellation vor. Dort hatte der Käufer eine sog. „Client-Server-Software“ erworben, die ihn dazu berechtigte, die Software dauerhaft auf dem eigenen Server zu speichern und einer bestimmten Anzahl von Nutzern dadurch Zugriff zu gewähren, dass diese Software in den Arbeitsspeicher ihrer Arbeitsplatzrechner geladen wird. Die Nutzer hatten damit zwar Zugriffsrechte, die Software selbst war jedoch allein auf dem Server gespeichert.
c.
Schließlich liegen auch keine Anhaltspunkte vor, die das Verhalten der Beklagten gegenüber der Klägerin als rechtsmissbräuchlich erscheinen ließen (vgl. dazu Marly, Der Handeln mit so genannter „Gebrauchtsoftware“, EuZW 2012, 654, 657). Dabei kann offenbleiben, ob dieser – von der Klägerin schriftsätzlich angedeutete – Einwand gegenüber RZV begründet wäre, soweit das Ausnutzen einer formal bestehenden vertraglichen Berechtigung zu vertragsfremden Zwecken im Raum steht. Zwischen den Parteien bestehen keine vertraglichen Bindungen; die Beklagten berufen sich allein auf abgeleitete Rechte. Insoweit sind keine Anknüpfungspunkte für den Vorwurf des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens greifbar.
II.
Die Klägerin kann auch nicht das Unterlassen der Verwendung der Lizenzurkunden gemäß 1.3. aus urheberrechtlicher Berechtigung heraus verlangen. Dabei kann offenbleiben, welche Funktion den Lizenzurkunden aus Sicht der Kunden und/oder aus Sicht der Beklagten zukommt bzw. zukommen soll. Selbst wenn man der Einschätzung der Klägerin folgen würde und in den Urkunden eine Verkörperung eines Gestattungsrechts sehen würde, würde kein Eingriff in der Klägerin zugewiesene Urheberrechte §§ 97, 69 c UrhG vorliegen. Wie oben ausgeführt, sind die Beklagten als rechtmäßige Erwerber erschöpfter Waren anzusehen. Sie sind damit zum Weiterverkauf und der damit verbundenen Übertragung der Nutzungsrechte an der Software berechtigt (vgl. EuGH ebenda Rd. 80ff).
III.
Kann die Beklagte sich auf gemäß § 69 c Nr. 3 S. 2 UrhG erschöpfte Programmkopien berufen, liegt kein zum Schadensersatz gemäß §§ 97, 69 c UrhG verpflichtendes Verhalten vor. Der mit Antrag zu IV. bezifferte Schadensersatz bezieht sich ausweislich der Klageschrift und der nachfolgenden Schriftsätze allein auf die Geltendmachung urheberrechtlich begründeter Ansprüche; entsprechend hat auch das Landgericht auf dieser Basis den Anspruch zugesprochen. Insoweit kann offenbleiben, ob mit den innerhalb der Berufungsbegründung nicht angegriffenen markenrechtlichen Unterlassungsansprüchen Ansprüche auf Schadensersatz verbunden sind.
IV.
Soweit die Klägerin zudem die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gemäß V. in Verbindung mit allen unter I. aufgeführten Handlungen begehrt, hat die Berufung – mit Ausnahme einer festzustellenden Schadensersatzverpflichtung gemäß V. in Verbindung mit I.2. und I.4. (siehe oben unter A) – Erfolg.
Die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gemäß V. in Verbindung mit I.1. und I.3. ist bereits deshalb unbegründet, da – wie oben ausgeführt – keine rechtswidrigen Handlungen der Beklagten zu beurteilen sind. Soweit sich die Berufungsbegründung hinsichtlich der Verurteilung gemäß Antrag zu V. in Verbindung mit I.5. und I.6. allein mit der Frage des Verschuldens auseinandersetzt, ist ein Verschulden zwar vorliegend anzunehmen. Die Beklagten waren als Geschäftsführer einer deutschen GmbH angestellt. Insoweit traf sie – gemäß der ihnen obliegenden Legalitätspflicht – die Verpflichtung, die deutsche Rechtslage zu beachten und – bei Unkenntnis – entsprechende Erkundigungen einzuholen. Vorliegend hat die Berufung jedoch auch insoweit Erfolg, da den Ausführungen der Klägerin weder innerhalb der erstinstanzlichen Schriftsätze noch im Berufungsverfahren entnommen werden kann, welcher Schaden konkret auf die auf UWG gestützten Handlungen zurückgeführt werden kann und zu erwarten ist. Abweichend gegenüber der im Markenrecht naheliegenden Ermittlung eines Schadens im Wege der Lizenzanalogie hätte es hinsichtlich der auf UWG gestützten Ansprüche eigenständiger Darlegungen der Klägerin bedurft, aus denen auf den wahrscheinlichen Schadenseintritt konkret durch die mit Antrag zu I.5. und I.6. angegriffenen Handlungen geschlossen werden könnte. Daran fehlt es.
V.
Die Berufung hat auch Erfolg, soweit sie gegen die Verurteilung nach Tenor zu VI. gerichtet ist, mit welcher die Klägerin zur Veröffentlichung des Urteils berechtigt wird. Zwar liegt auch insoweit keine ausdrückliche Berufungsbegründung vor. Da die Berechtigung zur Urteilsveröffentlichung sich als Folgeanspruch darstellt, war eine gesonderte Auseinandersetzung jedoch hier entbehrlich.
Soweit die Berufung zur Aufhebung des Urteils führt, ist auch ein Anspruch auf Veröffentlichung des insoweit die Klage abweisenden Urteils nicht gegeben.
Soweit die Berufung bezogen auf die markenrechtlichen Ansprüche zu I.2. und I.4. und der darauf bezogenen Feststellung der Schadensersatzpflicht sowie bezogen auf die auf UWG gestützten Ansprüche zu I.5. und I. keinen Erfolg hat, ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an einer Urteilsveröffentlichung gemäß § 19 c MarkenG und § 12 Abs. 3 UWG hat. Der Klagebegründung nach bezog sich ihr dargelegtes Interesse an einer Urteilsveröffentlichung allein auf die von ihr erstrebte Klärung der urheberrechtlichen Rechtslage (Bl. 78 d.A.). Sie berief sich ausdrücklich darauf, dass ihr Anliegen sich auf die Beseitigung einer Marktverwirrung, die durch urheberrechtsverletzende Ware hervorgerufen wird, beziehe. Demnach misst die Klägerin selbst den nachgeordneten, auf Markenrecht und UWG gestützten Ansprüchen keine derartige Bedeutung zu, die geeignet wäre, ein berechtigtes Interesse an der Urteilsveröffentlichung zu begründen.
C.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen. Der Rechtsstreit hat grundsätzliche Bedeutung. Die zentrale Frage der Erschöpfung online übermittelter Software ist bislang höchstrichterlich nicht entschieden worden; insbesondere ist auch der dem Vorabentscheidungsverfahren des EuGH zugrunde liegende Rechtsstreit (BGH I ZR 129/08) noch nicht mit einer veröffentlichten Entscheidung beendet worden. Die Frage, ob auch online übermittelte Software der Erschöpfung unterliegt, wurde in der obergerichtlichen Rechtsprechung bislang eher ablehnend beantwortet (OLG München MMR 2008, 601; OLG Frankfurt am Main CR 2010, 517).