Eine identifizierende Verdachtsberichterstattung darf keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten

a) Für eine identifizierende Verdachtsberichterstattung ist jedenfalls ein Mindest-bestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst „Öffentlichkeitswert“ verleihen, erforderlich. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Ein-druck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbe-dürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.

b) Das grundsätzliche Erfordernis einer Möglichkeit zur Stellungnahme soll si-cherstellen, dass der Standpunkt des von der Verdachtsberichterstattung Be-troffenen in Erfahrung und gegebenenfalls zum Ausdruck gebracht wird, der Betroffene also selbst zu Wort kommen kann. Dies setzt voraus, dass der Be-troffene nicht nur Gelegenheit zur Stellungnahme erhält, sondern dass seine etwaige Stellungnahme auch zur Kenntnis genommen und der Standpunkt des Betroffenen in der Berichterstattung sichtbar wird.

BGH URTEIL VI ZR 1241/20 vom 16. November 2021

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1 Ah, § 1004 Abs. 1 Satz 2; KUG § 22, § 23

a) Für eine identifizierende Verdachtsberichterstattung ist jedenfalls ein Mindest-bestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst „Öffentlichkeitswert“ verleihen, erforderlich. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzutreffenden Ein-druck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Handlung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vorgang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informationsbe-dürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist.
b) Das grundsätzliche Erfordernis einer Möglichkeit zur Stellungnahme soll si-cherstellen, dass der Standpunkt des von der Verdachtsberichterstattung Be-troffenen in Erfahrung und gegebenenfalls zum Ausdruck gebracht wird, der Betroffene also selbst zu Wort kommen kann. Dies setzt voraus, dass der Be-troffene nicht nur Gelegenheit zur Stellungnahme erhält, sondern dass seine etwaige Stellungnahme auch zur Kenntnis genommen und der Standpunkt des Betroffenen in der Berichterstattung sichtbar wird.
BGH, Urteil vom 16. November 2021 – VI ZR 1241/20 – OLG Köln
LG Köln
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Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. November 2021 durch den Vorsitzenden Richter Seiters, die Richterin-nen von Pentz und Dr. Oehler sowie die Richter Dr. Klein und Böhm
für Recht erkannt:
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. September 2020 wird zurückge-wiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger verlangt von der Beklagten wegen Verletzung seines allgemei-nen Persönlichkeitsrechts durch eine Wort- und Bildberichterstattung deren Un-terlassung sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Der Kläger war von 2001 bis 2009 Leiter der Motorenentwicklung bei der Audi AG. Im Anschluss an seine Tätigkeit bei Audi wechselte der Kläger zur Mut-tergesellschaft nach Wolfsburg, verantwortete dort die Aggregate-Entwicklung im VW-Konzern und war zugleich Generalbevollmächtigter der Volkswagen AG. Ab dem Jahr 2011 gehörte er als Verantwortlicher für Forschung und Entwicklung zum Vorstand der Porsche AG. Diese Position hatte er bis zu seiner Beurlaubung im September 2015 im Zusammenhang mit der Aufdeckung des sogenannten
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VW-Dieselskandals inne. Interne Untersuchungen im Konzern wiesen dem Klä-ger im Folgenden kein persönliches Fehlverhalten nach. Im Jahr 2016 schied der Kläger nach Abschluss eines Aufhebungsvertrags aus dem Unternehmen aus.
Die Beklagte ist verantwortlich für die Internetseite www.spiegel.de. Am 28. September 2017 veröffentlichte sie dort einen Artikel mit der Überschrift: „Die-selskandal (-) Hochrangiger Ex-VW-Manager in Untersuchungshaft (-) Im Die-selskandal hat die Justiz offenbar W[… (Vorname des Klägers)] H[… (Nachname des Klägers)] verhaftet, einen engen Vertrauten des Ex-Vorstandschefs. […] Die US-Justiz hatte H[…] als möglichen ‚Mitverschwörer‘ bei Abgasmanipulationen verdächtigt.“ Im Anschluss wird ein unverpixeltes Porträtfoto des Klägers gezeigt. Als Bildunterschrift wird der volle Name des Klägers aufgeführt. Weiter heißt es in dem Artikel:
„Wegen des Dieselskandals muss erstmals ein hochrangiger Ex-Manager von Volkswagen in Haft: Der ehemalige Porsche-Entwicklungsvorstand und Audi-Motorenentwickler W[…] H[…] sitzt einem Medienbericht zufolge in Untersuchungshaft. Ein Ermittlungsrichter in München habe diesen Schritt gegen den engen Vertrauten von Ex-VW-Konzernchef […] ange-ordnet, meldeten ‚Süddeutsche Zeitung‘, NDR und WDR. Zuvor hatte die zuständige Staatsanwaltschaft München II bestätigt, dass ein weiterer Audi-Mitarbeiter in Untersuchungshaft genommen wurde.
H[…] war von 2001 bis 2007 zunächst Chef der Motorenentwicklung bei Audi, danach bei VW und von 2011 an Entwicklungsvorstand der Porsche AG. Kurz nach Bekanntwerden der Dieselaffäre im September 2015 wurde H[…] von seinem Vorstandsposten bei Porsche beurlaubt. Das könnte da-rauf hindeuten, dass H[…] eine tragende Rolle im Abgasskandal gespielt hat. Im Jahr 2016 einigte er sich mit Porsche auf einen Aufhebungsvertrag. Bei einer internen Untersuchung war ihm allerdings kein Fehlverhalten nachgewiesen worden.
Die US-Justiz hatte H[…] 2016 als möglichen ‚Mitverschwörer‘ bei Abgas-manipulationen verdächtigt. Er habe Bescheid gewusst oder zumindest darüber hinweggesehen, erklärten die Ermittler in den Vereinigten Staa-ten.
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Bereits seit drei Monaten sitzt der Audi-Motorenentwickler P. wegen Be-trugsverdachts und Fluchtgefahr in München in U-Haft. Er war von 2006 bis 2015 einer der führenden Motorenentwickler des Unternehmens in Neckarsulm gewesen. Die US-Justiz wirft P. vor, er habe ‚Audi-Mitarbeiter angewiesen, Software zu entwickeln und einzubauen, mit der die stan-dardmäßigen US-Abgastests getäuscht werden‘. Audi hatte P. 2015 beur-laubt und ihm Anfang 2017 fristlos gekündigt. Seine Klage dagegen ist vor dem Arbeitsgericht Heilbronn anhängig.“
Die Beklagte hatte vor dieser Berichterstattung weder den Kläger noch seine Familie kontaktiert, um dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme zu den in dem Artikel angesprochenen Geschehnissen zu geben. Die Beklagte hatte auch nicht versucht, einen Vertreter des Klägers ausfindig zu machen. Nach Ab-mahnung durch den Kläger ergänzte die Beklagte die streitgegenständliche Be-richterstattung um eine Stellungnahme des Verteidigers des Klägers, wonach die erhobenen Vorwürfe als falsch zurückgewiesen würden und wonach mutmaßlich der einzige Belastungszeuge den Kläger im Ermittlungsverfahren nur deshalb beschuldige, um selbst aus der Haft zu kommen.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu unterlas-sen, über den Kläger im Zusammenhang mit den strafrechtlichen Ermittlungen gegen seine Person unter Angabe seines Namens und unter Verwendung seines Bildnisses identifizierend zu berichten und/oder berichten zu lassen, wenn dies geschieht, wie in dem am 28. September 2017 unter der URL http://www.spie-gel.de/wirtschaft/unternehmen/dieselskandal-hochrangiger-ex-manager-von-vw-in-untersuchungshaft-a-1170391.html erschienenen Artikel mit der Überschrift „Hochrangiger Ex-VW-Manager in Untersuchungshaft“. Dem Antrag auf Erstat-tung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Form von Abmahnkosten hat das Landgericht mit einem geringfügigen Abschlag stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Unterlassungstenor nach dem Passus „Hochrangiger Ex-VW-Manager in Un-
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tersuchungshaft“ ergänzt wird um den Zusatz „gemäß der nachstehend einge-blendeten Anlage K 1:“, und dass diese, den streitgegenständlichen Artikel in sei-ner Originalfassung wiedergebende, Anlage nachfolgend eingeblendet wird. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die voll-ständige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner in AfP 2021, 58 veröf-fentlichten Entscheidung unter anderem ausgeführt, dem Kläger stehe der gel-tend gemachte Unterlassungsanspruch im Hinblick auf die Wortberichterstattung zu. Es handele sich um eine den Kläger identifizierende Verdachtsberichtserstat-tung, in der nicht nur über die – unstreitig wahre – Tatsache berichtet werde, dass der Kläger in Untersuchungshaft genommen worden sei. Es werde zudem mit Blick auf die Geschehnisse in den USA der dort geäußerte konkrete Verdacht erwähnt, der Kläger habe über die Abgasmanipulationen im VW-Konzern „Be-scheid gewusst oder zumindest darüber hinweggesehen“, und er sei deswegen als „Mitverschwörer“ in den Fokus geraten. Mit Blick auf die deutsche Justiz werde zwar nur eher vage von einer möglicherweise „tragenden Rolle im Ab-gasskandal“ gesprochen, aber die Tatsache der Anordnung der Untersuchungs-haft sei im Gesamtzusammenhang zu sehen mit der Berichterstattung über die Untersuchungshaft eines „Audi-Motorenentwickler(s)“, gegen den unter anderem wegen „Betrugsverdacht…“ ermittelt werde. Dies verstehe der durchschnittliche Rezipient zwingend auch so, dass entsprechende Vorwürfe auch gegen den Klä-ger im Raum stünden.
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Unter Anwendung der für eine Verdachtsberichterstattung geltenden Grundsätze sei die angegriffene, das Recht des Klägers auf Schutz seiner Per-sönlichkeit und seines guten Rufes beeinträchtigende Wortberichterstattung un-zulässig. Zwar liege der notwendige Mindestbestand an Beweistatsachen zu Las-ten des Klägers vor. Auch bestehe ein ausgesprochen hohes öffentliches Inte-resse an der Aufarbeitung des sogenannten VW-Dieselskandals, weshalb mit dem berichteten Verdacht gegen den Kläger ein Vorgang von gravierendem Ge-wicht vorliege, dessen Mitteilung durch ein Informationsbedürfnis der Allgemein-heit gerechtfertigt sei, wobei auch hinsichtlich der Identifizierung des Klägers an-gesichts seiner herausgehobenen Position im VW-Konzern und der die Eingriffs-tiefe der streitgegenständlichen Berichterstattung mildernden Tatsache, dass der Kläger bereits im Zusammenhang mit der Berichterstattung zur Aufdeckung des Dieselskandals in den USA in die Öffentlichkeit geraten sei, keine generellen Be-denken bestünden. Auch die strafrechtliche Unschuldsvermutung spreche hier nicht gegen eine identifizierende Berichterstattung.
Die Zulässigkeit der identifizierenden Verdachtsberichterstattung schei-tere jedoch vorliegend an der fehlenden vorherigen Konfrontation des Klägers mit den Vorwürfen und damit auch an der nicht ausreichenden Berücksichtigung einer Stellungnahme im Rahmen der – ansonsten gewahrten – Ausgewogenheit der Berichterstattung. Auf eine Anhörung des Betroffenen habe vorliegend nicht verzichtet werden können, selbst wenn außer einem pauschalen Dementi keine Äußerung des Klägers in der Sache zu erwarten gewesen wäre. Denn insbeson-dere bei – wie hier – strafrechtlichen Vorwürfen mit einer nach den Gesamtum-ständen zudem eher hohen Prangerwirkung werde es für den durchschnittlichen Rezipienten oft durchaus auch von Interesse sein, ob der Betroffene die Vorwürfe einräume oder nicht, ohne dass es dabei zwingend schon auf nähere Details an-kommen müsse. Ohne die Darstellung der eigenen Sichtweise des Betroffenen würden die mehr oder weniger unkommentiert im Raum stehenden Vorwürfe die
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Verdachtsäußerung verschärfen. Die Beklagte könne sich demgegenüber nicht darauf zurückziehen, sie hätte angesichts der Untersuchungshaft des Klägers und der Tatsache, dass ihr zunächst weder Strafverteidiger noch Medienrechts-anwalt des Klägers bekannt gewesen seien, keine (zumutbare) Möglichkeit zur Anhörung gehabt. Bei Beachtung der gebotenen publizistischen Sorgfalt sei in einer Situation wie der vorliegenden durchaus noch zeitnah ein Ansprechpartner (gegebenenfalls über die Familie oder den ehemaligen Arbeitgeber des Betroffe-nen) zu ermitteln gewesen. Die Beklagte habe jedoch schlicht gar nichts unter-nommen.
Selbst wenn man ein nur pauschales Dementi des Betroffenen für uner-heblich und in einer Verdachtsberichterstattung nicht beachtenswert halten würde und so die von der Beklagten schuldhaft unterlassene Konfrontation – ein solches pauschales Dementi unterstellt – im Ergebnis keine andere rechtliche Sichtweise auf die streitgegenständliche Berichterstattung getragen hätte, sei im Streitfall prozessual tatsächlich von einem anderen Sachverhalt auszugehen. Denn es sei zu unterstellen, dass bei einer rechtzeitigen Konfrontation tatsächlich mehr als nur ein pauschales Dementi vorgetragen worden wäre, was die Be-klagte dann auch in ihrer Berichterstattung hätte berücksichtigen müssen. Dass die Beklagte zwischenzeitlich einen entsprechenden Nachtrag vorgesehen habe, lasse die durch die Erstverletzung begründete Vermutung der Wiederholungsge-fahr noch nicht in Wegfall geraten.
Dem Kläger stünden zudem Abwehransprüche mit Blick auf die ihn identi-fizierende Bildberichterstattung zu. Die angegriffene Bildberichterstattung sei un-zulässig, da es sich hier um kein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG handele bzw. jedenfalls entgegenstehende be-rechtigte Interessen des Klägers im Sinn des § 23 Abs. 2 KUG bestünden. Denn insoweit seien im Zusammenhang mit einer Verdachtsberichterstattung inzident
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stets auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen einer identifizierenden Verdachts-berichterstattung zu prüfen, die hier mangels Konfrontation des Klägers mit den berichteten Vorwürfen nicht vorlägen.
Aufbauend darauf habe das Landgericht zu Recht auch einen Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Abmahnkosten aus einem Gegenstandswert von 20.000 € bejaht.
II.
Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat die angegriffene Wort- und Bildberichterstattung zu Recht für insgesamt unzuläs-sig gehalten und dementsprechend einen Anspruch des Klägers auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten bejaht.
1. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Wortberichterstattung aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG.
a) Wie das Berufungsgericht richtig angenommen hat, greifen die ange-griffenen Äußerungen in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeits-rechts des Klägers ein. Denn die den Beschuldigten identifizierende Berichter-stattung über ein Ermittlungsverfahren beeinträchtigt zwangsläufig dessen Recht auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufes, weil sie sein mögliches Fehlverhalten öffentlich bekannt macht und seine Person in den Augen der Ad-ressaten negativ qualifiziert (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 17. Dezember 2019 – VI ZR 249/18, AfP 2020, 143 Rn. 17; vom 18. Juni 2019 – VI ZR 80/18, BGHZ 222, 196 Rn. 19; vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17, AfP 2019, 236 Rn. 9; vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 15; vom
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18. November 2014 – VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 31; jeweils mwN; BVerfG, NJW 2009, 3357 Rn. 15 mwN).
b) Ebenfalls zutreffend hat es das Berufungsgericht für geboten erachtet, über den Unterlassungsantrag aufgrund einer Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und seines guten Rufs aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht der Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu entschei-den. Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalles sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention interpreta-tionsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwür-digen Belange der anderen Seite überwiegt (st. Rspr.; vgl. nur Senatsurteile vom 17. Dezember 2019 – VI ZR 249/18, AfP 2020, 143 Rn. 18; vom 18. Juni 2019 – VI ZR 80/18, BGHZ 222, 196 Rn. 20; vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 18 mwN).
c) Zu Recht hat das Berufungsgericht bei seiner Abwägung die Grund-sätze zu den Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung her-angezogen und anhand dieser Maßstäbe ein Überwiegen des Schutzinteresses des Klägers bejaht.
aa) Dem Berufungsgericht ist darin zu folgen, dass Gegenstand der ange-griffenen Berichterstattung nicht allein die – wahre – Tatsache der Inhaftierung des namentlich genannten Klägers im Rahmen des gegen ihn geführten Ermitt-
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lungsverfahrens ist. In dem Artikel wird darüber hinausgehend als Grund der In-haftierung der „Dieselskandal“ genannt und mitgeteilt, die Beurlaubung des Klä-gers von seinem Vorstandsposten bei Porsche könnte darauf hindeuten, dass er eine tragende Rolle im „Abgasskandal“ gespielt habe. Die US-Justiz habe den Kläger als möglichen „Mitverschwörer“ bei Abgasmanipulationen verdächtigt, der „Bescheid gewusst oder zumindest darüber hinweggesehen“ habe. Ein für die Firma Audi tätig gewesener Motorenentwickler, dem die US-Justiz vorwerfe, er habe Audi-Mitarbeiter angewiesen, Software zu entwickeln und einzubauen, mit der die standardmäßigen US-Abgastests getäuscht werden, sitze bereits seit drei Monaten wegen Betrugsverdachts in München in Untersuchungshaft. Auch wenn in der angegriffenen Berichterstattung der von den deutschen Ermittlungsbehör-den gegenüber dem Kläger erhobene Tatvorwurf nicht explizit genannt wird, stellt der Artikel somit nach dem gemäß der ständigen Senatsrechtsprechung maß-geblichen Verständnis eines unbefangenen Durchschnittslesers (vgl. nur Senats-urteil vom 12. April 2016 – VI ZR 505/14, VersR 2016, 938 Rn. 11 mwN) die mög-liche – eventuell sogar maßgebliche – Beteiligung des Klägers an der Entwicklung und Verwendung einer betrügerischen Motorsteuerungssoftware und damit ent-gegen der Ansicht der Revision einen durchaus konkreten Tatverdacht als Grund für seine Inhaftierung in den Raum. Daher müssen die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung erfüllt sein (vgl. Senatsurteil vom 16. Feb-ruar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 20 mwN).
bb) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats und des Bundesver-fassungsgerichts darf eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt unge-klärt ist und die eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Angelegenheit be-trifft, demjenigen, der sie aufstellt oder verbreitet, solange nicht untersagt wer-den, wie er sie zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für erforderlich halten darf (Art. 5 GG, § 193 StGB). Eine Berufung hierauf setzt voraus, dass vor Auf-stellung oder Verbreitung der Behauptung hinreichend sorgfältige Recherchen
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über den Wahrheitsgehalt angestellt werden. Die Pflichten zur sorgfältigen Re-cherche über den Wahrheitsgehalt richten sich dabei nach den Aufklärungsmög-lichkeiten. Sie sind für die Medien grundsätzlich strenger als für Privatleute. An die Wahrheitspflicht dürfen im Interesse der Meinungsfreiheit keine Anforderun-gen gestellt werden, die die Bereitschaft zum Gebrauch des Grundrechts herab-setzen. Andererseits sind die Anforderungen umso höher, je schwerwiegender die Äußerung das Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt. Allerdings ist auch das In-teresse der Öffentlichkeit an derartigen Äußerungen zu berücksichtigen (vgl. Se-natsurteile vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 22; vom 30. Januar 1996 – VI ZR 386/94, BGHZ 132, 13, 23 f., juris Rn. 31 f.; vom 7. De-zember 1999 – VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 203 f., juris Rn. 20 f.; vom 22. April 2008 – VI ZR 83/07, BGHZ 176, 175 Rn. 35; vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 26; vom 18. November 2014 – VI ZR 76/14, BGHZ 203, 239 Rn. 15; jeweils mwN; BVerfG, BeckRS 2020, 9600 Rn. 5).
Diese Grundsätze gelten auch für die Berichterstattung über Ermittlungs-verfahren unter namentlicher Nennung des Beschuldigten. In diesem Verfahrens-stadium steht lediglich fest, dass ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde, in der Regel ist aber nicht geklärt, ob der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Straftat begangen hat. Zwar gehört es zu den legitimen Aufgaben der Medien, Verfehlungen – auch konkreter Personen – aufzuzeigen (Senatsurteile vom 18. Dezember 2018 – VI ZR 439/17, AfP 2019, 236 Rn. 12; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 299 Rn. 12; BVerfG, AfP 2012, 143 Rn. 39; jeweils mwN). Dies gilt auch für die Berichterstattung über eine Straftat, da diese zum Zeitgeschehen gehört und die Verletzung der Rechtsordnung und die Beeinträch-tigung von Rechtsgütern der betroffenen Bürger oder der Gemeinschaft grund-sätzlich ein anzuerkennendes Interesse der Öffentlichkeit an näherer Information über Tat und Täter begründet (vgl. Senatsurteile vom 7. Dezember 1999 – VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 204, juris Rn. 21; vom 15. Dezember 2009
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– VI ZR 227/08, BGHZ 183, 353 Rn. 14; vom 7. Juni 2011 – VI ZR 108/10, BGHZ 190, 52 Rn. 19; vom 30. Oktober 2012 – VI ZR 4/12, NJW 2013, 299 Rn. 13; BVerfG, AfP 2009, 46 Rn. 11; AfP 2009, 365 Rn. 18; EGMR, NJW 2012, 1058 Rn. 96 – Axel Springer AG gg. Deutschland; jeweils mwN). Besteht allerdings – wie im Ermittlungsverfahren – erst der Verdacht einer Straftat, so sind die Me-dien bei besonderer Schwere des Vorwurfs angesichts des damit verbundenen schwerwiegenden Eingriffs in die persönliche Ehre in besonderem Maße zu sorg-fältigem Vorgehen verpflichtet (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 – VI ZR 386/94, aaO, 24; vom 7. Dezember 1999 – VI ZR 51/99, aaO, 203; vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12, aaO Rn. 28 mwN). Dabei ist im Hinblick auf die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende und in Art. 6 Abs. 2 EMRK anerkannte Unschuldsvermutung die Gefahr in den Blick zu nehmen, dass die Öffentlichkeit die bloße Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit dem Nachweis der Schuld gleichsetzt und deshalb im Fall einer späteren Einstellung des Ermittlungsverfah-rens oder eines Freispruchs vom Schuldvorwurf „etwas hängenbleibt“ (vgl. Se-natsurteil vom 16. Februar 2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 23 mwN; BVerfG, AfP 2009, 46 Rn. 15).
Erforderlich ist jedenfalls ein Mindestbestand an Beweistatsachen, die für den Wahrheitsgehalt der Information sprechen und ihr damit erst „Öffentlichkeits-wert“ verleihen. Die Darstellung darf ferner keine Vorverurteilung des Betroffenen enthalten; sie darf also nicht durch eine präjudizierende Darstellung den unzu-treffenden Eindruck erwecken, der Betroffene sei der ihm vorgeworfenen Hand-lung bereits überführt. Auch ist vor der Veröffentlichung regelmäßig eine Stel-lungnahme des Betroffenen einzuholen. Schließlich muss es sich um einen Vor-gang von gravierendem Gewicht handeln, dessen Mitteilung durch ein Informati-onsbedürfnis der Allgemeinheit gerechtfertigt ist (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 18. Juni 2019 – VI ZR 80/18, BGHZ 222, 196 Rn. 50 mwN; vom 16. Februar
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2016 – VI ZR 367/15, NJW-RR 2017, 31 Rn. 24 mwN; vgl. auch BVerfG, AfP 2020, 302 Rn. 16; EGMR, NJW 2018, 3768 Rn. 49).
cc) Gemessen an diesen Grundsätzen war die streitgegenständliche iden-tifizierende Verdachtsberichterstattung unzulässig. Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, fehlt es an der Einholung einer Stellungnahme des Klä-gers zu den in dem Artikel geschilderten, ihn betreffenden Vorwürfen. Entgegen der Ansicht der Revision war dieses Erfordernis hier nicht ausnahmsweise ver-zichtbar. Für einen solchen Ausnahmefall trüge die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast.
(1) Der Verzicht auf die Einholung der Stellungnahme war vorliegend nicht im Hinblick auf die zu erwartende Reaktion des Betroffenen auf eine entspre-chende Anfrage gerechtfertigt.
(a) In der obergerichtlichen Rechtsprechung und in der Literatur ist eine Kontaktierung dann für entbehrlich gehalten worden, wenn der Betroffene bereits im Vorfeld eindeutig zu erkennen gegeben hat, keine Stellung zu den in der Be-richterstattung enthaltenen Vorwürfen nehmen zu wollen, oder sich bereits in ei-nem bestimmten Sinne zu ihnen geäußert hat (vgl. OLG Köln, AfP 2011, 601, 604 und BeckRS 2015, 18155 Rn. 14 f.; OLG Hamburg, NJW-RR 1996, 597; Söder in BeckOK Informations- und Medienrecht, 33. Ed., § 823 BGB Rn. 249; MünchKommBGB/Rixecker, 9. Aufl., Anhang zu § 12 BGB Rn. 236; Wenzel/Burk-hardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl., Kap. 10 Rn. 159b; Soehring/Hoene, Presserecht, 6. Aufl., Rn. 2.36). Nach den von der Revision nicht angefochtenen Feststellungen des Berufungsgerichts liegt hier ein derarti-ger Fall jedoch nicht vor. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht aus der Tat-sache, dass der Kläger vor seiner Inhaftierung auf allgemeine Interviewanfragen zum „Abgasskandal“ nicht reagiert hat, nicht den Schluss gezogen, dass er auch
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im Fall einer Konfrontation mit den in dem angegriffenen Artikel enthaltenen Vor-würfen in der für ihn neuen Situation der Untersuchungshaft keine Stellungnahme abgegeben hätte (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 35).
(b) Die Einholung einer Stellungnahme des Klägers war auch dann nicht verzichtbar, wenn man mit der Beklagten unterstellt, es sei damit zu rechnen ge-wesen, dass der Kläger im Falle einer Konfrontation mit dem konkreten Gegen-stand der Berichterstattung (vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2013 – VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 35) die Vorwürfe lediglich im Sinne eines pauschalen Dementis zurückgewiesen hätte. Die Revision beruft sich insoweit auf Stimmen aus der Literatur, wonach die Anhörung des Betroffenen rechtlich nur erforderlich sei, wenn dadurch Aufklärung erwartet werden könne. Dies sei nicht der Fall, wenn sich bei vernünftiger Prognose ergebe, dass von vornherein mit einem Dementi zu rechnen sei (vgl. etwa Löffler/Steffen, Presserecht, 6. Aufl., § 6 LPG Rn. 170; Soehring/Hoene, Presserecht, 6. Aufl., Rn. 2.36; Wenzel/Burk-hardt, Das Recht der Wort- und Bildberichterstattung, 6. Aufl., Kap. 10 Rn. 159b; Schlüter, Verdachtsberichterstattung, 2011, S. 101). Dieser Auffassung schließt sich der Senat – jedenfalls in dieser Allgemeinheit – nicht an.
(aa) Das grundsätzliche Erfordernis einer Möglichkeit zur Stellungnahme soll sicherstellen, dass der Standpunkt des von der Verdachtsberichterstattung Betroffenen in Erfahrung und gegebenenfalls zum Ausdruck gebracht wird, der Betroffene also selbst zu Wort kommen kann (vgl. Senatsurteile vom 30. Januar 1996 – VI ZR 386/94; BGHZ 132, 13, 25 f., juris Rn. 37; vom 15. Dezember 1987 – VI ZR 35/87, VersR 1988, 405, juris Rn. 11; vom 25. Mai 1965 – VI ZR 19/64, VersR 1965, 879, 881, juris Rn. 27; BVerfG, AfP 2020, 302 Rn. 16). Dies setzt voraus, dass der Betroffene nicht nur Gelegenheit zur Stellungnahme erhält, son-dern dass seine etwaige Stellungnahme auch zur Kenntnis genommen und der
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Standpunkt des Betroffenen in der Berichterstattung sichtbar wird. Der Stand-punkt des Betroffenen ist dabei für den Leser nicht nur dann relevant, wenn sich die Stellungnahme konkret zu den geäußerten Verdachtsmomenten verhält, sich der Beschuldigte vom Verdacht „entlasten“ kann. Auch die Information über ein bloßes Dementi ist grundsätzlich geeignet, der Gefahr einer Vorverurteilung des Betroffenen zu begegnen. Wird – wie vorliegend – über ein laufendes Ermittlungs-verfahren berichtet, wird es die notwendige publizistische Sorgfalt daher regel-mäßig gebieten, der Gefahr, dass die Öffentlichkeit die bloße Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit dem Nachweis der Schuld gleichsetzt, auch durch das Sichtbarmachen einer pauschalen Zurückweisung der Vorwürfe seitens des Be-schuldigten entgegenzuwirken, wobei es der Presse freigestellt ist, auf welche Weise dies geschieht (so im Ergebnis auch Korte, Praxis des Presserechts, 2. Aufl., § 2 Rn. 249). Der Senat teilt insoweit nicht die Auffassung der Revision, der durchschnittliche Rezipient gehe ohnehin davon aus, dass der Betroffene den Tatvorwurf bestreite, solange nichts Gegenteiliges mitgeteilt werde.
(bb) Eine Ausnahme von diesem Grundsatz war entgegen der Ansicht der Revision im Streitfall nicht deshalb gerechtfertigt, weil in dem angegriffenen Arti-kel mitgeteilt wird, dem Kläger sei vor Abschluss des Aufhebungsvertrages im Jahr 2016 bei einer internen Untersuchung kein Fehlverhalten nachgewiesen worden. Daraus wird für den unbefangenen Leser nicht bereits offenkundig, dass der Kläger die nunmehr im Jahr 2017 zu seiner Inhaftierung führenden Vorwürfe der staatlichen Ermittlungsbehörden abstreitet.
(2) Die Beklagte durfte entgegen der Auffassung der Revision auch nicht deshalb von der Einholung einer Stellungnahme des Klägers absehen, weil der Kläger inhaftiert und der Beklagten die Person des Strafverteidigers oder Medi-enrechtsanwalts des Klägers nicht bekannt war. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass diese Umstände auch unter Berücksichtigung der für
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die Beklagte streitenden Grundrechtspositionen die Kontaktaufnahme nicht ent-behrlich machten.
(a) Die Revision verweist zwar zutreffend darauf, dass nach der Recht-sprechung des Bundesverfassungsgerichts und der Senatsrechtsprechung die Anforderungen an die pressemäßige Sorgfalt und die Wahrheitspflicht nicht über-spannt und insbesondere nicht so bemessen werden dürfen, dass darunter die Funktion der Meinungsfreiheit leidet (BVerfGE 85, 1, 15; Senatsurteil vom 7. De-zember 1999 – VI ZR 51/99, BGHZ 143, 199, 204, juris Rn. 21 mwN). Straftaten gehören nämlich zum Zeitgeschehen, dessen Vermittlung zu den Aufgaben der Medien gehört (BVerfGE 35, 202, 230 f.; Senatsurteil vom 7. Dezember 1999 – VI ZR 51/99 aaO). Dürfte die Presse, falls der Ruf einer Person gefährdet ist, nur solche Informationen verbreiten, deren Wahrheit im Zeitpunkt der Veröffent-lichung bereits mit Sicherheit feststeht, so könnte sie ihre durch Art. 5 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich gewährleisteten Aufgaben bei der öffentlichen Meinungsbil-dung nicht durchweg erfüllen (BVerfGE 97, 125, 149), wobei auch zu beachten ist, dass ihre ohnehin begrenzten Mittel zur Ermittlung der Wahrheit durch den Zwang zu aktueller Berichterstattung verkürzt sind (Senatsurteil vom 7. Dezem-ber 1999 – VI ZR 51/99 aaO; vgl. auch EGMR, NJW 2018, 3768 Rn. 49; EuGH, AfP 2019, 424, 431 f., juris Rn. 71 f.). Deshalb verdient im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen dem Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit regelmäßig die aktuelle Bericht-erstattung und mithin das Informationsinteresse jedenfalls dann den Vorrang, wenn die publizistischen Sorgfaltsanforderungen eingehalten sind (vgl. Senats-urteil vom 7. Dezember 1999 – VI ZR 51/99 aaO).
Daraus folgt entgegen der Ansicht der Revision jedoch nicht, dass die zu diesen Sorgfaltspflichten bei einer identifizierenden Verdachtsberichterstattung zählende Einholung einer Stellungnahme des Betroffenen im Hinblick auf den
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– im Zeitalter elektronischer Medien noch gesteigerten – Aktualitätsdruck regel-mäßig verzichtbar ist. Dies würde der Bedeutung des Persönlichkeitsrechts nicht gerecht. Vielmehr besteht der Vorrang des Informationsinteresses grundsätzlich nur, wenn dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wurde.
(b) Dies gilt auch im Streitfall. Die Beklagte hat keinerlei Bemühungen un-ternommen, in Betracht kommende Vertreter des Klägers zu ermitteln oder mit dem Kläger – etwa über dessen Familie, deren Anschrift der Beklagten bekannt war – in Kontakt zu treten. Gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der Beklagten eine Kontaktaufnahme mit vertretbarem Aufwand möglich gewe-sen wäre, bringt die Revision nichts Durchgreifendes vor. Das Berufungsgericht hat hierzu unangegriffen festgestellt, ein anderes Presseorgan habe seine Be-richterstattung zum streitgegenständlichen Thema am gleichen Tag gegen 19.30 Uhr um eine Stellungnahme des Klägers ergänzt. Es hat vor diesem Hin-tergrund zutreffend angenommen, dass der Beklagten, die den angegriffenen Ar-tikel am Nachmittag veröffentlicht hat, ein Zuwarten mit der identifizierenden Be-richterstattung bis in die Abendstunden auch unter Berücksichtigung der Eilbe-dürftigkeit der Nachricht und des hohen öffentlichen Berichterstattungsinteresses zumutbar war. Ob andere Medien die Nachricht bereits früher veröffentlicht hat-ten, ohne dem Betroffenen zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, ist insoweit ohne Belang. Die Auffassung der Beklagten, aufgrund der Umstände des Streitfalls habe hier jedes Bemühen um die Einholung einer Stellungnahme unterbleiben können, teilt der Senat daher nicht.
(3) Auf die weitere Erwägung des Berufungsgerichts, wonach vorliegend prozessual zu unterstellen sei, dass der Kläger bei einer rechtzeitigen Anhörung mehr als nur ein pauschales Dementi vorgetragen hätte, und die hiergegen von der Revision vorgebrachten Rügen kommt es nach dem Vorstehenden nicht mehr an.
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d) Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsgericht die für das Bestehen eines Anspruchs entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB erforderliche Wiederholungsgefahr rechtsfehlerfrei bejaht.
aa) Die Beurteilung, ob die Wiederholungsgefahr für ein beanstandetes Verhalten fortbesteht, ist im Wesentlichen tatsächlicher Natur. Sie ist im Revisi-onsverfahren nur beschränkt nachprüfbar darauf, ob das Berufungsgericht von richtigen rechtlichen Gesichtspunkten ausgegangen ist und keine wesentlichen Tatumstände außer Acht gelassen hat (vgl. Senatsurteile vom 27. April 2021 – VI ZR 166/19, AfP 2021, 336 Rn. 22; vom 4. Juni 2019 – VI ZR 440/18, VersR 2019, 1375 Rn. 22 mwN).
bb) Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht da-von ausgegangen, dass dann, wenn bereits ein – hier vorliegender – rechtswidri-ger Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen erfolgt ist, eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr besteht (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 10. November 2020 – VI ZR 62/17, AfP 2021, 32 Rn. 32; vom 14. November 2017 – VI ZR 534/15, ZUM 2018, 440 Rn. 17 mwN). An die Entkräftung dieser Vermutung sind strenge Anforderungen zu stellen (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 4. Juni 2019 – VI ZR 440/18, VersR 2019, 1375 Rn. 23; vom 14. November 2017 – VI ZR 534/15, ZUM 2018, 440 Rn. 17; jeweils mwN).
cc) Nach diesen Grundsätzen ist nicht zu beanstanden, dass das Beru-fungsgericht in der Tatsache, dass die Beklagte den streitgegenständlichen Arti-kel zwischenzeitlich um eine Stellungnahme des Verteidigers des Klägers er-gänzt hat, wonach die erhobenen Vorwürfe als falsch zurückgewiesen würden und wonach mutmaßlich der einzige Belastungszeuge den Kläger im Ermittlungs-verfahren nur deshalb beschuldige, um selbst aus der Haft zu kommen, keinen
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Umstand gesehen hat, der geeignet ist, die Vermutung für das Vorliegen der Wie-derholungsgefahr zu entkräften. Die Beklagte hält die angegriffene Berichterstat-tung nach wie vor für zulässig. Es besteht daher weiterhin die Gefahr, dass sie künftig im Rahmen erneuter Veröffentlichungen auf die Wiedergabe der Stellung-nahme des Klägers wie bei der Erstveröffentlichung verzichten wird.
2. Dem Kläger steht zudem aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 22, 23 KUG, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG der vom Beru-fungsgericht zuerkannte Anspruch auf Unterlassung der Wiedergabe seines Bild-nisses zu. Es handelt sich um eine kontextneutrale Aufnahme ohne eigenen Aus-sage- oder Verletzungsgehalt. Die Unzulässigkeit der Wiedergabe ergibt sich vorliegend aber aus dem Kontext des Bildnisses mit der unzulässigen Wortbe-richterstattung, wobei die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klä-gers durch die Bebilderung noch verstärkt wird.
3. Das Berufungsgericht hat dem Unterlassungsbegehren zu Recht in vol-lem Umfang stattgegeben. Anders als die Revision meint, rechtfertigt der Um-stand, dass nach Auffassung des Berufungsgerichts die Zulässigkeit der Wort- und Bildberichterstattung „lediglich“ an der Einholung und Berücksichtigung der Stellungnahme des Klägers scheitert, keine teilweise Abweisung der Klage. Auf-grund der Nichteinhaltung der publizistischen Sorgfaltsanforderungen ist die an-gegriffene identifizierende Berichterstattung in der im Tenor des Berufungsurteils konkret bezeichneten Gestalt insgesamt unzulässig.
4. Aufgrund der Verletzung seines Persönlichkeitsrechts durch die ange-griffene Berichterstattung kann der Kläger nach § 823 Abs. 1 BGB Ersatz vorge-richtlicher Rechtsanwaltskosten verlangen, soweit sie zur Wahrnehmung der Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (vgl. Senatsurteil vom 19. Dezember 2010 – VI ZR 237/09, AfP 2010, 573 Rn. 11 f. mwN). Dass die Instanzgerichte
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unter diesem Gesichtspunkt Abmahnkosten aus einem Gegenstandswert von 20.000 € für erstattungsfähig gehalten haben, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und wird von der Revision – bis auf den Einwand, der geltend ge-machte Unterlassungsantrag sei (jedenfalls teilweise) unbegründet – auch nicht gerügt.

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